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Defibrillator unter dem Brustbein – 39-Jähriger profitiert von noch selten implantierter Technik

Ein plötzlicher Herztod hätte den 39-jährigen Pascal Forsthove-Theil das Leben kosten können, wäre ihm nicht schnell geholfen worden. Nach dem Vorfall, für den es bislang keine Ursache gibt, hat er ein erhöhtes Risiko für ein erneutes Ereignis. Ein neuer implantierbarer Defibrillator soll dafür sorgen, dass er auch in so einem Fall (wieder) überlebt. | lwi

Den Morgen des 31. Januar 2024 wird Pascal Forsthove-Theil so schnell nicht vergessen – und das, obwohl er ihn selbst eigentlich gar nicht richtig erlebt hat. Als der 39-jährige Elektriker aus Lüdinghausen den Klassenraum des Handwerkskammer-Bildungszentrums in Münster betritt, bricht er zusammen. Sein Herz schlägt nicht mehr. Ersthelfer versorgen ihn mit einer Herzdruckmassage und einem Defibrillator. Dann kommt der Rettungsdienst und bringt ihn ins Universitätsklinikum Münster (UKM). Dort kommt er auf die Intensivstation, viele Rippen gebrochen, aber lebendig – und so stabil, dass die Ärztinnen und Ärzte ihn nach drei Tagen aus dem künstlichen Koma wecken. Eine Ursache für seinen Herzstillstand haben sie in dieser Zeit noch nicht gefunden; Zusammenhänge zu anderen Erkrankungen konnten ebenso ausgeschlossen werden wie ein Herzinfarkt, Hirnblutungen oder Probleme der Körperschlagader. „Hier gab es offenbar keine Warnsignale“, sagt Dr. Florian Reinke, leitender Oberarzt in der UKM-Kardiologie II: Klinik für Rhythmologie. „Wir erleben immer wieder, dass so ein Kammerflimmern, das dem plötzlichen Herztod zugrunde liegt, ohne Vorboten auftritt.“ Und scheinbar ohne Ursache: Bei etwa zehn bis 15 Prozent der Betroffenen, so Reinke, wird die nämlich nach einem Herzstillstand nicht gefunden. Im Fall von Forsthove-Theil wird aktuell am UKM noch weiter nach Gründen gesucht. Unabhängig davon, ob eine Ursache gefunden wird, ist sein Risiko für einen weiteren Herzstilltand aber deutlich erhöht. „Diesen Patienten raten wir, einen Defibrillator implantieren zu lassen, zum Schutz vor einem erneuten Ereignis“, sagt Reinke. Rund 30 Prozent machen diese Fälle von Sekundärprophylaxe aus, die übrigen zwei Drittel der Betroffenen bekommen einen Defibrillator allein aufgrund eines Risikos für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, etwa wegen schwacher Pumpfunktion oder einer Muskelverdickung des Herzens.

Bei Forsthove-Theil ist jetzt ein neues Defibrillator-System zum Einsatz gekommen, das in Deutschland bislang nur an sechs Standorten und weltweit nur etwa 400 Mal implantiert wurde. Ein implantierbarer Defibrillator sorgt – anders als ein reiner Herzschrittmacher – nicht dafür, eine Rhythmusstörung zu korrigieren und das Herz im Takt zu halten, sondern er überwacht das Herz und gibt im Falle eines behandlungsbedürftigen Ereignisses einen Strom-Schock ab. Das geschieht zwar innerhalb weniger Sekunden, die Betroffenen sind dann aber häufig schon bewusstlos und kommen Sekunden nach dem Schock, wenn der Kreislauf wieder eingesetzt hat, zurück zu Bewusstsein.

Anders als bisherige Systeme, bei denen die Elektrode für den Schock entweder direkt im Herzen liegt (langfristig störanfälliger und teilweise erneut operationsbedürftig) oder unter der Haut, vor dem Brustbein (hoher Energiebedarf für Schock durch den Knochen nötig), ist das neue System relativ klein, wartungsarm und energieeffizient. Die Elektrode wird hier unter das Brustbein, also nah am Herzen, implantiert, was die Operation allerdings etwas aufwendiger macht, so dass sie gemeinsam mit einem Herzchirurgen – in diesem Fall leitender Oberarzt Dr. Andreas Löher – durchgeführt werden muss. Zeitlich gesehen war der Eingriff bei Forsthove-Theil aber mit rund 45 Minuten relativ kurz und schon am Folgetag konnte er das Klinikum verlassen. „Die Laufzeit des Gerätes wird jetzt bei etwa zehn Jahren liegen“, sagt Reinke. Das derzeitig noch engmaschige Kontrollnetz „seines“ Patienten soll nach und nach auf einen sechsmonatlichen Rhythmus ausgeweitet werden. Für Forsthove-Theil und seine Familie bleibt damit Zeit genug, sich an die neue Situation zu gewöhnen. „Natürlich geht es weiter“, sagt er, „ich stecke jetzt nicht den Kopf in den Sand“. Der neue „Defi“ soll ihm helfen, sein Leben wie vor dem 31. Januar zu führen – und es ihm im Ernstfall retten.

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UKM Unternehmenskommunikation | Lukas Wiedau

Lukas Wiedau

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